Perú - Oyón to Titicaca
Unseren Plan ab Oyón ein wenig auf der Straße zu fahren mussten wir ein paar Tage nach hinten verschieben. Die Straße ist zwar auf der Google Karte als Highway eingezeichnet, sie befindet sich aber immer noch im Bau und mit Bagger ohne Zentralschmierung dauert das auch so seine Zeit.
Kurz vor der Stadt Cerro de Pasco wo es auf den ersehnten Highway ging, viel uns ein ziemlicher Gestank aus dem vorbeifließenden Fluss auf. Mitten in der Stadt liegt eine der größten und ertragreichsten Silberminen der Welt. Die Klärbecken stinken und leuchten in allen Farben. Die Verschmutzung der Umwelt durch Blei, Cadmium und andere Schwermetalle hat zu einer Gesundheitskrise in der Stadt geführt. Ein Gesetz aus dem Jahr 2006, das die Evakuierung aller Einwohner und die Umsiedlung der Stadt vorsieht, wurde bis heute nicht umgesetzt - eine sehr traurige Stadt.
Ein paar Tage auf der Straße zu fahren tut unseren Köpfen richtig gut. Wir sehen in der Steppe einige Vicuñas. Sie sind in Peru wildlebende Tiere und werden in der Regel nicht gezüchtet oder gehalten. Sie sind wirklich sehr hübsch anzusehen und ihr Fell ist weicher als Kaschmirwolle - nah an sie heran, um sie zu streicheln, kamen wir jedoch nicht.
An weiteren häßlichen Minen kamen wir auch vorbei.
Zwei Tagesetappen vor Cusco nehmen wir einen Bus, Felix hat seit einigen Tagen sehr starken Keuchhusten. Wir müssen ein paar Stunden warten und nutzen die Zeit für eine längst überfällige Bikewäsche.
Die Ärzte in Cusco haben bei Felix eine Bronchitis festgestellt und erstmal Antibiotika und "mindestens zwei Wochen kein Fahrrad fahren" verordnet. Wir suchen uns eine Ferienwohnung mit etwas mehr Platz und einer Küche. Eine schöne Dachterrasse mit Blick über die Stadt war im Preis mit drin.
Cusco ist wirklich eine sehr schöne Stadt, vor allem der Altstadtkern (Centro Histórico) hat uns gut gefallen.
So nah an Machu Picchu gibt es sehr viel über die Inkas zu lernen und viel traditionelle Handwerkskunst zu entdecken. Sehr beeindruckend ist ihr sehr mühevoller Baustil. Einige Steine haben bis zu 12 gemeißelte Kanten.
Auf Grund von Machu Picchu und anderen Sehenswürdigkeiten ist Cusco aber sehr touristisch und überfüllt. Das hat uns nicht besonders gestört, aber das man wirklich an jeder Ecke nach einer Massage gefragt wird oder ein Foto mit einem in regenbogenfarben geschmücktem Lämmchen machen soll, wurde nach einer Zeit ziemlich nervig.
Durch die langweilige Zwangspause wurden wir ein wenig kreativ und feilen auch wieder an unseren Straßenfotografie Skills. Wir fanden sogar ein paar analoge Schätze.
Eines Abends, beim "Plaza Mayor de Cusco", tauchten dann plötzlich Felix sein Kumpel Richie mit seiner Freundin Janine als Überraschung auf. Felix viel fast von den Socken, die beiden haben den ganzen Weg vom Chiemsee auf sich genommen, um mit uns ein paar Tage in Peru zu verbringen - was für Clowns.
Am nächsten Tag zogen wir ein bisschen durch die Gassen von Cusco und besuchten auch den Markt. Der Markt war für die Beiden sehr interessant aber wir glauben auch ein richtiger Kulturschock.
Da die Beiden einen Mietwagen haben und es Felix schon viel besser ging, machten wir einige Ausflüge. Wir fuhren zum einen zu den Salzterrassen Salineras de Maras. Hier fließt durchgehend aus einem kleinen Loch im Berg stark konzentriertes Salzwasser, welches dann in über 5.000 Pools zum Verdunsten gelagert wird. Jedes Stadium der Trocknung hat dabei seine eigene Farbe.
Richie und Janine wandern auch sehr gerne und weil Janine bald eine Tour auf den Kilimandscharo vor hat, machten wir ein wenig Höhentraining in der Cordillera Vilcanota. Der höchste Berg im Gebigszug ist der Nevado Ausangate mit 6.384 Höhenmeter. Die unvergessliche Wanderung "7 Lagunas" war eine sehr lange Wanderung aber wir hatten eine wahnsinnige Aussicht auf das Massiv und den farbenprächtigen Gletscherseen.
Angrenzend an der Cordillera Vilcanota befindet sich der berühmte Vinicunca (Regenbogen Berg). Wir planten erst am Nachmittag die Wanderung bis auf über 5.000 Höhenmeter zu beginnen, weil dann die Tagestouristen aus Cusco wieder abreisen. Und es hat sich gelohnt, am späten Nachmittag waren wir das einzige Auto auf dem Parkplatz und hatten die beeindruckende Kulisse mit dem "Montaña de Siete Colores" für uns ganz alleine.
Die Farben entstehen durch überlagerte Mineralien. Diese Sedimentschichten, die sich über Jahrmillionen gebildet haben, wurden durch Plattentektonik von einer waagerechten in eine fast senkrechte Position gedrückt. Das enthaltene Eisenoxidpigment ist rötlich, oxidiertes Mangan erzeugt Pinktöne, gelbliche Farbtöne werden durch Schwefelverbindungen hervorgerufen. Die Reaktion von Kupfer, Wasser und Sauerstoff führt zur blaugrünen Verfärbungen. Die schwarzen Streifen erklären sich durch das Vorkommen von Granit.
Gleich hinter dem Vinicunca befindet sich das Red Valley (Valle Rojo) was wir uns natürlich auch nicht entgehen lassen wollten - die Farben sind unglaublich.
Einige Alpinpflanzen auf über 5.000 Höhenmeter erinnern uns an Korallen unseres ehemaligen Aquariums am Samerberg.
Zum Feierabend gab es noch eine schöne Sicht auf den Nevado Ausangate mit seinem riesigen Gletscher.
Richie ist genau wie Felix leidenschaftlicher Fotograf und so gab es auch mal das ein oder andere Pärchenfoto von uns.
Unseren letzten Tag verbrachten wir zusammen in Puno am Titicacasee. Wir fuhren mit einem Boot zu den "Schwimmenden Inseln". Auf dem Weg dort hin konnten wir ein paar für den Titicacasee typische Wasservögel fotografieren. Zum einen die Grauralle mit ihrem bunten Schnabel.
Ein Amerikateichhuhn.
Und ein Andenblässhuhn mit seiner auffälligen Stirn.
Die „Schwimmenden Inseln“ im Titicacasee sind kleine, von Menschenhand geschaffene Inseln, die vom Volk der Uros aus Schichten geschnittenen Schilfrohrs errichtet wurden. Es war ziemlich interessant zu lernen wie die Inseln erschaffen wurden und wie die Indigenen hier leben, aber es war eine reine touristische Abzocke, von allen Seiten wurde die Hand nach Geld aufgehalten.
Ansonsten hatten wir von der Stadt Puno gemischte Gefühle, am schlimmsten war aber definitiv die "nationale Cuy-Modenschau" - gruselig! Die Verlierer der Show landen nach dem Catwalk direkt auf dem Grill.
Am Morgen verabschieden wir uns mit unterdrückten Tränen von den beiden Clowns und machen uns auf den Weg entlang des Titicacasees. Richie und Janine machen noch einen Abstecher nach Arequipa bevor es in ein paar Tagen wieder zurück nach Deutschland geht. Wir hatten eine richtig schöne Zeit zusammen.
Jedes Kind hat spätestens nach den Geschichten von Pippi Langstrumpf schon ein Mal vom Titicacasee gehört. Ihr Vater Efraim Langstrumpf hatte dort nämlich viele Abenteuer erlebt. Es ist wirklich ein sehr großer See (15 mal größer als der Bodensee) und teilweise fühlt es sich für uns so an, als würden wir eine Küstenstraße entlang radeln, nur halt auf 3.812 Höhenmeter.
In den letzten Tagen ist uns immer öfter aufgefallen, dass der Umfang der “Mamás” im Süden von Peru immer mehr zu nimmt. Vieleicht liegt es am Ceviche. Durch die unzähligen Trucha-Farmen (Forellenzucht) entlang des Sees ist das peruanische Nationalgericht nämlich überall zu bekommen. Aber nach über drei Wochen ohne Radeln und mit viel zu viel Süßkram dürfen wir uns da im Moment nicht zu weit aus dem Fenster lehnen.
Nachtrag: Wir haben später noch erfahren, dass sich unter den voluminösen Röcken, sich in der Regel mehrere Unterröcke befinden. Diese werden auch als "centros" bezeichnet und können bis zu 20 Stück sein. Sie dienen dazu, den Rock aufzuweiten und ihm die charakteristische Form zu geben. Der weite Rock ist ein Schönheitsideal und symbolisiert Wohlstand.
Wir verlassen nun Peru mit traumhaften Erinnerungen und werden uns in den nächsten Wochen entlang der Grenze zwischen Chile und Bolivien hangeln.